In der Studie „Selling Fast and Buying Slow: Heuristics and Trading Performance of Institutional Investors“ werden die Kauf- und Verkaufsentscheidungen im institutionellen Geschäft unter die Lupe genommen. [1] Dazu analysieren die vier beteiligten Forscher die Handelsentscheidungen von erfahrenen Portfoliomanagern anhand eines umfangreichen Datensatzes, der Informationen zum täglichen Portfolio sowie den getätigten Transaktionen beinhaltet. Insgesamt werden auf diese Weise 783 institutionelle Portfolios mit einem durchschnittlichen Wert von 573 Millionen US-Dollar im Zeitraum von 2000 bis 2016 untersucht, was 2,4 Millionen Kauf- sowie 2 Millionen Verkaufsorders umfasst.
Kauf- vs. Verkaufsentscheidungen
Eine erste Erkenntnis der Studie ist, dass die Portfoliomanager bei ihren Kaufentscheidungen einen klaren Mehrwert erzielen. Dieser zeigt sich anhand eines Vergleichs der Transaktionen mit alternativen, rein zufälligen Käufen von am jeweiligen Tag nicht gehandelten Aktien aus dem Portfolio. Dabei lässt sich die Outperformance sowohl anhand der einfachen als auch der risikoadjustierten Renditen nachweisen.
Anders sieht es bei Betrachtung der Verkaufsentscheidungen aus. Auch diese werden anhand eines Vergleichs der Transaktionen mit alternativen, rein zufälligen Verkäufen von am jeweiligen Tag nicht gehandelten Aktien aus dem Portfolio beurteilt. Die Manager schneiden hier auf Sicht eines Jahres um bis zu 100 Basispunkte schlechter ab. Die Underperformance zeigt sich sowohl anhand der einfachen als auch der risikoadjustierten Renditen.
Limited Attention
Als Ursache für die divergierenden Kauf- und Verkaufsrenditen beschreiben die Autoren eine asymmetrisch ausgeprägte Aufmerksamkeit der Portfoliomanager. Demnach betreiben diese für Kaufentscheidungen deutlich mehr Research als für Verkaufsentscheidungen. Letztere beruhen häufig auf einfachen Heuristiken wie etwa auffällig hohen oder niedrigen vergangenen Renditen und werden vorrangig als Cash-Quelle betrachtet, um neue Kaufentscheidungen umsetzen zu können.
Dass es den Managern nicht an Fähigkeiten mangelt, um profitable Verkaufsentscheidungen zu treffen, sondern nur an der dafür notwendigen Aufmerksamkeit, zeigt sich bei der differenzierten Betrachtung: Die Forscher untersuchen separat diejenigen Verkaufsentscheidungen, die an Tagen getroffen wurden, an denen die Unternehmen ihre Quartalszahlen bekanntgaben. Bei diesen auf tatsächlichen Informationen beruhenden Verkäufen wurde im Durchschnitt eine Outperformance gegenüber dem Zufallsverkauf erzielt.
Die nachfolgenden Grafiken zeigen die durchschnittlichen Renditen von Kauf- und Verkaufsentscheidungen, die am Tag der Bekanntgabe von Quartalszahlen (rote Balken) sowie an allen anderen Tagen (blaue Balken) stattfanden – relativ zum zufälligen Kauf bzw. Verkauf. Die linke Grafik verdeutlicht, dass die Kaufentscheidungen unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Umsetzung einen Mehrwert liefern. Im Unterschied dazu zeigt die rechte Grafik, dass nur Verkaufsentscheidungen, die am Tag der Bekanntgabe von Zahlen getätigt wurden, einen Mehrwert bringen.
Rückblickende Verkaufsentscheidungen
Die Untersuchungen zeigen, dass die Manager bei ihren Kaufentscheidungen vorausschauend agieren und auf tatsächliche Informationen setzen, was deren Mehrwert ermöglicht. Die Autoren der Studie schlussfolgern daraus, dass die Portfoliomanager ihren Job vor allem darin sehen, die nächste große Anlageidee zu finden. Um diese dann (möglichst schnell) umzusetzen, wird jedoch die Verkaufsdisziplin vernachlässigt, indem einfache Heuristiken zum Einsatz kommen.
Anders als die Kaufentscheidungen sind die Verkäufe demnach nicht vorausschauend, sondern rückblickend. Der scheinbare Vorteil dabei ist, dass sich die Verkäufe auf diese Weise schnell begründen lassen:
stark gestiegene Kurse: Aufwärtspotenzial ausgereizt, Mean Reversion erwartet
stark gefallene Kurse: grundsätzliche Anlageidee hinfällig, höhere Schwankungsbreite erwartet
Zwar können diese Argumente zum Teil stichhaltig sein, aber die Untersuchungen der Studie zeigen, dass der Einsatz bloßer Heuristiken ein klarer Fehler ist. Besonders schlecht schneiden die Verkaufsentscheidungen ab, wenn die Märkte in eine turbulente Phase geraten und es darum geht, (schnell) Cash-Positionen aufzubauen. Zudem besteht folgender Zusammenhang: Je schwächer die Gesamt-Performance eines Fondsmanagers, desto schlechter fallen die Renditen der Verkäufe gegenüber dem Zufallsvergleich aus. Auf der Kaufseite scheint ein solcher Zusammenhang jedoch nicht vorzuliegen.