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18
04
2024

Impact Investing: Mit Jedem Euro Gutes Tun

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Dr. Christoph Kind
Impact Investments unterstützen Geschäftsmodelle, die einem guten Zweck dienen und gleichzeitig wirtschaftlich rentabel sein wollen. Sie gelten als höchste Stufe des nachhaltigen Investierens. Da viele Anleger von der bürokratischen ESG-Regulierung und den Gefahren des „Greenwashing“ zunehmend irritiert sind, nimmt die Nachfrage nach Impact Investments zu. Mit den Social Development Goals der Vereinten Nationen hat sich ein Wertekanon etabliert, anhand dessen Investitionen daraufhin überprüft werden können, ob sie einem guten Zweck dienen oder nicht. Die größte Herausforderung bleibt, wie Impact sinnvoll definiert und gemessen werden kann.

Artikel von Dr. Christoph Kind, Chief Investment Officer bei Marcard, Stein & Co

Impact Investments gelten als höchste Stufe des nachhaltigen Investierens. Mit ihnen versuchen Anleger eine direkte Wirkung (“Impact”) im Kampf gegen Missstände zu erzielen. Das Interesse am Impact Investing ist auch der zunehmenden Frustration mit ESG-Nachhaltigkeitsanlagen geschuldet. Trotz eines immensen regulatorischen Aufwands ist es bisher nicht gelungen, die Gefahren des “Greenwashing” zu bannen und die positiven Auswirkungen sinnvoll zu messen. “Die erkennbare Schwäche der ESG-Bewegung treibt den Impact-Investoren offensichtlich Unterstützer zu” stellte das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” fest.

In den letzten Jahren hat sich ein Konsens darüber herausgebildet, was ein ethisch gutes Investment ausmacht. Die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (“Social Development Goals” bzw. SDG) definieren 17 Ziele, von denen die ersten 15 grundsätzlich investierbar sind. Diese Ziele gehen weit über die Dekarbonisierung hinaus. Auf ökologische Ziele wie etwa “Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen” (Ziel 6) oder “Bezahlbare und saubere Energie” (Ziel 7) folgen erst an 13. Stelle “Maßnahmen zum Klimaschutz”. Die Erreichung der ökologischen Ziele lässt sich im Prinzip an der Menge der produzierten Erneuerbaren Energie (in Megawattstunden) oder an der Reduktion von Treibhausgasemissionen (in CO2-Äquivalenten) messen.

Schwieriger wird die Wirkungsmessung dagegen bei sozialen Zielen. Das erste Entwicklungsziel der Vereinten Nationen lautet “Keine Armut”. Ein Ziel, mit dem sich wohl die meisten identifizieren können. Aber wie viele Menschen sind überhaupt arm? Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPW) spricht von Armut, wenn jemand über weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verfügt. Sinnvoll ist diese Definition nicht, denn was wäre, wenn alle auf einmal das Doppelte verdienten? An der Armut würde sich überhaupt nichts ändern. Wenn der Staat dagegen alle Einkommen mit 100 Prozent besteuern würde, gäbe es nach der DPW-Definition überhaupt keine Armut, da dann niemand mehr weniger als das Durchschnittseinkommen verdient. Die DPW-Definition ist genau genommen gar keine Definition von Armut, sondern eine Bewertung der Einkommensverteilung. Der DPW definiert Armut so, dass nicht die Höhe des individuellen Einkommens entscheidend ist, sondern die Frage, wie weit es vom Durchschnitt nach unten abweicht.

Ziele für nachhaltige Entwicklung

Man könnte einwenden, dass eine ausgewogenere Verteilung durchaus ein erstrebenswertes Ziel sei. Schließlich lautet das zehnte Entwicklungsziel der Vereinten Nationen “Weniger Ungleichheiten”. Dabei geht es aber nicht um radikale Gleichmacherei, sondern um die Beseitigung extremer Ungleichgewichte. Entscheidend für Arme ist nicht, was andere verdienen, sondern was sie sich von ihrem Einkommen tatsächlich leisten können.

Für das Impact Investing sind beide Definitionen von Armut und Ungleichheit gleichermaßen unbrauchbar. Impact lässt sich nur dann messen, wenn die vorab definierten Ziele von einem einzelnen Unternehmen auch erreicht werden können. Ein Einzelunternehmen kann aber nicht die Einkommensverteilung einer gesamten Volkswirtschaft verändern. Ein praktikableres Ziel für die Armutsbekämpfung wäre dagegen der Anteil der Einnahmen aus Produkten für einkommensschwache Gruppen. Der Impact von Mikrokreditanbietern kann an der Zahl der Menschen gemessen werden, die Zugang zu Finanzdienstleistungen erhalten. Soll das Ziel der Verringerung von Ungleichheiten erreicht werden, kann dies beispielsweise an der Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze in einkommensschwachen Gebieten oder bei benachteiligten Gruppen gemessen werden. Auch die Anzahl lokaler Zulieferer in den Lieferketten kann als Kriterium dienen.

Beim Impact Investing geht es immer um die positive Veränderung des Status Quo. Daher gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Wege, Impact zu erzeugen. Investoren können das Wachstum von Unternehmen fördern, die bereits einen guten Zweck verfolgen, oder aber den Wandel von Unternehmen beschleunigen, die sich von problematischen Geschäftsmodellen verabschieden wollen (“turning brown into green”). Investitionen in Unternehmen, die bereits einen guten Zweck verfolgen, aber ihre Wirkung in diesem Bereich nicht erhöhen, schneiden dagegen schlecht ab. Ein Beispiel dafür wäre Gilead Sciences, eines der größten Pharmaunternehmen der Welt. Gilead entwickelt und produziert Medikamente gegen schwere Krankheiten wie HIV. Das Unternehmen tut also Gutes im Sinne des dritten Entwicklungsziels “Gesundheit und Wohlbefinden”. Anleger, die eine Wirkung erzielen wollen, sollten sich jedoch fragen, ob durch den Kauf von Gilead-Aktien tatsächlich mehr Patienten behandelt werden. Gilead stellt zwar die Medikamente her, bestimmt aber nicht, wie viele Bedürftige mit ihnen versorgt werden. Um Impact zu erzielen, müssten Investoren Druck auf das Unternehmen ausüben, die Preise für Medikamente möglichst niedrig zu halten und damit mehr Menschen die Behandlung zu ermöglichen.

Das Beispiel macht deutlich, dass Impact in vielen Fällen nicht allein durch Investitionen, sondern nur durch die zusätzliche aktive Einflussnahme der Investoren erreicht werden kann. Das Centre for Sustainable Finance & Private Wealth hat vier Varianten des Impact Investing identifiziert. In den ersten beiden geht es um Investitionen in Unternehmen, die einen positiven Impact erzielen (wollen), denen aber der Zugang zu geeigneten Finanzierungsquellen fehlt. Im dritten Fall wird der Einfluss der Geldgeber genutzt, um Unternehmen mit positivem Impact durch aktive Einflussnahme weiter zu unterstützen bzw. Unternehmen auf den richtigen Weg zu bringen, die bislang keinen oder negativen Impact generieren. Im vierten Fall geht es um die aktive Integration von Nachhaltigkeitszielen in das Geschäftsmodell.

Impact Investing bedeutet, sich gemeinsam für eine gute Sache einzusetzen.

Das Interesse an Impact Investments ist groß, doch noch sind viele Fragen offen. Wie lässt sich eine Wirkung verursachungsgerecht zuordnen? Dazu muss die schwierige Frage beantwortet werden, wie die Entwicklung ohne Impact Investments verlaufen wäre. Ob Investments wirklich eine Wirkung entfallen, hängt zudem auch davon ab, wie hoch der Impact überhaupt ist. Investoren müssen darauf achten, dass sie ihr Geld vor allem dort investieren, wo die größten Fortschritte erzielt werden können.

Um Wirkungstreffer im Kampf gegen Missstände erzielen zu können, bedarf es mehr als Finanzinvestitionen oder wohltätige Spenden. Impact Investing bedeutet, sich gemeinsam für eine gute Sache einzusetzen. Eine anspruchsvolle Aufgabe, der sich immer mehr Investoren stellen.

Hinweis der Redaktion:

Die Bundesinitiative Impact Investing ist im deutschsprachigen Raum die führende Instanz für das Thema Impact Investing. Mehr erfahren Sie hier.

Quellen

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